Google gewinnt so oder so

Zwei Passanten auf der Straße zum Thema Schtrit Fju: die Widerspruchserklärung kommt mir so ein bißchen vor wie die Anzeigen gegen Neonazis. Da geht man hin, weil man hofft, die Polizei würde den, der einen verprügelt hat, verknacken und was hat man am Ende davon? Irgendwelche  braunen Maulwürfe erfassen seine Daten und man steht auf der Abschuss-Liste der Rechten im Internet. Der Countdown läuft bis der erste Gruß per Post oder per Faust vor der Haustür platziert wird.

Was das mit Street View zu tun hat?

Der Stern hat es in dieser Woche aufgezeigt: Was die Kekse für das Krümelmonster aus der Sesamstraße sind Daten für Google. Mjam mjam, ich kann nicht genug davon bekommen…krümel…Facebook…Google-Mail…Map…mjamm….youtube…krümel…mjammm…mjamm..Widerspruchserklärung…mjammmjamm

Widerspruchserklärung? Ja bist du deppart? Lieferst ihnen auf dem goldenen Tablett serviert dein Haus kombiniert mit deinem Namen? Dieser Keks schmeckt noch viel besser als der eines anonymen Fotos!

Schon mal drüber nachgedacht? Krümel..krümel…

Vor-Kuss-Panik, Herr Till Krause?

Peinlichkeiten sind mit Hochzeiten vermählt. Mitbekommen oder verursacht haben sie früher nur die, die dem Brautpaar nahe stehen. Und nicht die ganze Internet-Gemeinde.

Wer das Vergnügen hatte, am Freitag das Magazin der SZ zu lesen und das ist generell ein Vergnügen, ist vielleicht auf den Artikel des Neuen im Teams gestoßen. Till Krause ließ sich ausgiebig über das Social-Media-Verbot bei Hochzeiten aus.

Er schilderte seine Erfahrungen bei einer Ami-Hochzeit, die ja grundsätzlich  in allem immer ein bisschen rosaner, zuckergussiger und generalstabmäßiger geplant sind. Neu für den Autor war, dass keiner der Hochzeitsgäste Fotos schießen oder Videos drehen durfte, um  diese dann in einschlägige Internet-Plattformen zu stellen.

Grundsätzlich: Interessantes Thema, warum macht ein Brautpaar sowas?

Schade: Herr Krause hat sich voll auf den Aspekt „Virtuelle Ausbreitung von Peinlichkeiten verhindern“ eingeschossen und dass das Brautpaar den anwesenden Gästen offensichtlich überhaupt nicht vertraut. Aber es geht doch nicht nur um die Angst vor Peinlichkeiten.

Denn:

Warum wohl bezahlen Hochzeitspaare seit jeher viel Geld für die Aufnahmen von ihrer Hochzeit? Wieso ist das ein eigener Geschäftszweig?

Na, weil es ein einmaliger Tag sein sollte. Vielleicht wollen  die Vermählten die Bilder ihrer Feier ganz altertümlich in ein Foto-Album aus Karton  tun. Absurde Vorstellung, klar. Aber es könnte doch sein, dass sie ihre Traumhochzeit auf diese Art festhalten wollen. Für die Kinder später, zum Beispiel…

Und: Was ist, wenn das Hochzeitspaar die Bilder des schönsten Tags des Lebens einfach nur nicht in einer Reihe mit Party-Pics vorfinden möchte. Die strahlende Braut möchte  auf einem Profil im Internet nicht neben dem Album „Schlucken bis der Arzt kommt – Malle 2010“ oder eben in Ami-Sprache: „Sucking freaks“ oder vergleichbares auftauchen.Ist doch irgendwie verständlich…

Also, wenn das „Social Media-Verbot“ des amerikanischen Brautpaares auf den Charakter der Turteltauben schließen lässt, dann lässt der Artikel auf den Charakter des Autors schließen.  Lässt sich da eine ganz leichte VOR-KUSS-PANIK erkennen, Herr Krause?

Vielleicht hat Ihnen die eigene bevorstehende Hochzeit den Blick etwas vertunnelt? Die Angst davor als spießig vor den Freunden dazustehen, weil die Freundin auf die Platzkärtchen und den Katzentisch besteht? Wilde Spekulation, versteht sich…

Dabei gilt doch für  Hochzeiten sowieso nur eine Regel: Engste Verwandtschaft, in der Regel weiblich und die, die selber  gerade frisch verliebt sind, schmelzen mit dahin. Sie sitzen ganz aufrecht, ganz vorne in der Kirche und tupfen sich mit weißen Taschentüchern die Augen.

Alle anderen freuen sich auf gutes Essen und Trinken.

That`s it! Und natürlich alles Gute für Herrn und Frau Krause!

Der Artikel zum Nachlesen.

Peinlich Pannen Popstars und Donald Duck

Ticker: Ja, ich gebe zu ich habe das Finale der Popstars-Staffel gesehen…

Liebe Frau Rihanna (gerne auch mal wie von Thomas Gottschalk Ri Hanna ausgesprochen), ich möchte Ihnen gratulieren. Sie waren ganz offensichtlich die einzige, die den wahren Charakter dieser Veranstaltung „Popstars-Das Finale“ erkannt hat. Offensichtlich wurde das, als Sie mit einem Donald Duck T-Shirt-Kleid am Ende der Show die Bühne betraten, um den neuen Popstars zu gratulieren. Diese Veranstaltung, ja diese Veranstaltung ist ein Kindergeburtstag gewesen. Das hatte schon beim Halbfinale angefangen, als man einfach mal verkündete, dass es noch keine Entscheidung an diesem Abend geben würde. Die Zuschauer sollten noch weiter das lustige Telefonspiel spielen und für ihre Lieblinsgkandidaten stimmen. Überraschungstüten für alle!Sogar für die Popstars-Macher selber, denn nach einer Welle der Empörung der Fans ermittelt inzwischen die Medienaufsicht. Aber die bunte Party musste an diesem Abend in der Arena in Oberhausen erstmal weitergehen.

Sehr junge Menschen, die noch sehr viele Träume haben. In einer bunten Blase voller Lichter und Feuerspektakel werden Visionen geschaffen. Visionen vom großen Erfolg, von der ganz großen Karriere im Musikbusiness. Umgegeben von Clowns in seltsamen Puffkleidchen und glänzenden Anzügen, die vor sich hinsabbeln wie das Geburtstagskind in einem Colarausch. So toll ist das alles, und auch irgendwie so emotional. Nur die Mamis, die machen sich Sorgen, wie sie die Spuren des Konfettiregens wieder bereinigt kriegen. Bei Popstars werden die Konfettis wahrscheinlich noch heute Nacht weggeputzt. Schneller von der Bühne verschwunden war nur das Verlierer-Duo. Nicht ein einziges Bild wurde mehr an sie verschwendet, nachdem durch eine technische Panne das Bild der Gewinner schon viel zu früh erschienen war. Weinende Kinder will niemand sehen auf einer Geburtstagsparty.

Allerdings durfte das Gewinner-Duo, die Namen dürften nicht weiter von Bedeutung sein,  seinen Song auch nicht zu Ende performen. Bereits vor der Hälfte kündigte  Annemarie Warnkross ihre After-Show- Sendung „Red“ an. Wie beim Kindergeburtstag eben. Niemand kann abwarten bis das Spiel zu Ende ist. Es muss jetzt ganz schnell was Neues passieren..oder eben noch ganz schnell eine Dauerwerbesendung zwischen zwei Formate geschoben werden, für die auch die Verliererinnen dann wieder gut genug waren.

Dass für die frischgezüchteten Popstars der Weg sehr kurz sein könnte und oft am Ende in eine Sackgasse mündet, darauf könnte man als Final-Kandidat bei näherem Nachdenken auch kommen, wenn man dem Moderator vor einem, der selbst mal Popstar war, zum wiederholten Mal sagen muss, wie man sich gerade fühlt. Vor allem wenn besagter Moderator noch betont, dass er das ja selber so gut kennt und sich noch genau daran erinnert, wie er dort gestanden und auf das Ergebnis gewartet hat. Oder wenn all die Bandnamen, die es bisher schon gab, bei der Verkündigung des Namens der neuen Band an einem vorbeiziehen und man sich denkt: Wer zur Höllle war das alles? Nie gehört.

Aber das ist ja das Schöne an Kindergeburtstagen. So lange man sich mit Schokolade und anderen Süßigkeiten vollstopfen kann, verschwendet man keinen Gedanken an die Bauchschmerzen am nächsten Tag.

Rihanna kann das egal sein. Ihr Traum ist schon lange keine Vision mehr.


Brötchen für Studenten

Bamberger Studentenprotest

Ortsbegehung: Besetzter Hörsaal an der U7 in Bamberg.

Man erwartet übermüdete junge Menschen mit Augenringen, blass und hungrig.

Es bietet sich aber ein völlig anderes Bild auf dem Vorhof des Universitätsgeländes in der Innenstadt in Bamberg.  Umrahmt von Transparenten und Plakaten stehen zwei Jungs am Grill und versorgen ihre Kommilitonen mit Würstchen. Brötchen wurden von den Bäckereien um die Uni herum gespendet. Obst haben die Marktfrauen vorbei gebracht.

Überall stehen kleine Grüppchen draußen, man gönnt sich eine kleine Pause, atmet etwas frische Luft bevor das Plenum wieder zusammentritt und fängt dabei Leute ab, die möglichst unbeteiligt an den Streikenden vorbeigehen wollen. Es soll diskutiert werden.

Wieso bist du nicht oben im Saal und protestierst mit uns? Wenn nicht jetzt, wann dann, ist ein geflügelter Satz in diesen Tagen. Es werden Argumente ausgetauscht, dabei geht es um Kleinigkeiten, im Kern der Sache sind sich irgendwie alle einig. Der Student im feinen Wollmantel, der etwas mißtrauisch die Schlafsäcke beäugt, die ins Gebäude geschleppt werden, steht neben dem rothaarigen Bärtigen im gestreiften Pulli und zerissenen Jeans und gibt ihm völlig Recht, dass Bologna ein Schmarrn ist und die Studiengebühren nicht tragbar sind. Uneinigkeit herrscht aber darin, jetzt sämtliche Forderungen, die sich bei den Studenten in den letzten Jahren so angesammelt haben, mit auf den Tisch zu legen.

Macht etwa ein Arbeitskreis zur Wohnsituation in Bamberg momentan Sinn? Vor allem, weil erst die Schaffung neuer Wohnheimsplätze festgelegt wurde.Außerdem spielen in Bamberg die Archäologie-Studenten eine große Rolle, die es in letzter Zeit  wirklich hart  getroffen hatte, allerdings nicht wegen Bologna&Co. Sie wollen die Gelegenheit nutzen, auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Im letzten Semester konnten zeitweise keine Veranstaltungen mehr in ihrem Fach stattfinden, da das Gebäude akut Einsturz gefährdet war. Die größte Ironie an der Sache: In diesem Gebäude war zudem das Institut der Bauforscher ansäßig, die auf die Mängel hingewiesen hatten. Von offizieller Seite wurden die Bedenken aber immer abgeschmettert. Der jetzige Streik wird als Ventil für die Wut benutzt. Jeder möchte sein Anliegen miteinbringen.

Besser wäre es aber, sich auf eine Sache zu konzentrieren.Die Studenten sollten sich in den Kernforderungen mit den anderen Unis abstimmen. Ein guter Anfang war der Besuch einer Bamberger Delegation heute in München. Alle Probleme, die sich auf eine bestimmte Uni beziehen und nur lokal geklärt werden können, sollten hintenangestellt werden. Aufmerksamkeit zu erreichen ist in jedem Fall gut, aber die Gefahr, dass bei zu vielen speziellen Forderungen das eigentliche Problem aus dem Blick gerät, oder kleine „Geschenke“ seitens der Unileitungen benutzt werden, um die Studenten ruhig zu halten und den öffentlichen Druck herauszunehmen, ist zu groß.

Einer der Grill-Jungs ruft die anderen dazu auf, langsam wieder in den Saal zurückzukehren. Es ist kurz vor sechs, die Plenumssitzung wird gleich beginnen. Morgen werden Bands auftreten und ein Kabarett-Duo, im Hörsaal ist vor der weißen Leinwand,auf  die normal Vorlesungsstoff projiziert wird, eine Bühne aufgebaut. Der Arbeitskreis Logistik macht einen guten Job.

Der bärtige Rothaarige ist froh über Abwechslung, immerhin ist er seit Beginn des Streiks dabei und wird morgen die fünfte Nacht im Hörsaal verbringen. Außerdem tut die offensichtliche Unterstützung von außen gut. Aber wer jetzt den Vorwurf erhebt, das sei alles nur ein alternativer Zeitvertreib für linksorientiere Schmarotzer, die sich ein bißchen gegen das Establishment auflehnen, dem soll gesagt sein, dass eine unerwartete Disziplin unter den Streikenden herrscht. Um Punkt sechs Uhr ist der Vorhof der U7 leer. Im Gebäude wird weiter diskutiert.

 

 

 

Report aus dem Hörsaal

RCDS & Co. – Was hat euer Engagement gebracht?

Es ist doch nicht zu fassen.

Liebe RCDSler, liebe Fachschaftssprecher allgemein und dann noch lieber Herr Heubisch sowieso mal immer.

Könnt ihr mir mal erklären, warum ihr euch jetzt gegen die Kommilitonen wendet, die die Hörsäle besetzen?

Wenn euer Engagement in universitären Gremien so unheimlich viel bringt, wie konnte es dann zu dieser Bildungsreform kommen, die scheinbar in einem Vakuum durchgeführt wurde? Bologna wurde  auf den Universitätsbetrieb gestülpt, wo waren da die Stimmen und Beiträge, die die Umsetzung verbessert hätten?

Oder: Wie kann es sein, dass Studentensprecher etwa für die Abschaffung kostenloser Sprachkurse plädieren? Für welche Seite findet das Engagement der Fachschaften eigentlich statt? Oder ist der Einfluss eben doch zu gering? Dann solltet ihr erst recht mit für mehr Demokratie kämpfen.

Natürlich müssen die Studenten das demokratische Potenzial auch über die Hochschulwahlen nutzen. Die Fachschaften müssen ihre Profile deutlicher machen.

Außerdem: Wie sieht es mit dem Mitspracherecht bei Verteilung der Studiengebühren aus?

Zu wenig Geld?Keine Ahnung von Buchhaltung!

Und Herr Heubisch: Das Problem ist immer noch nicht das Geld. Die Studiengebühren werden an den Universitäten innerhalb der Lehrstühle verteilt und manche Lehrstühle wissen gar nicht wohin mit dem Geld. Während Geographiestudenten fast umsonst nach Island fahren und Geschichtsstudenten mit diversen Exkursionen zu Niedrigpreisen überschüttet werden, herrschen beispielsweise  an Lehrstühlen für Kommunikationswissenschaft und Journalistik Zustände wie an Weihnachten. Es gibt „Wunschlisten“ für Anschaffungen- dazu gehören zum Beispiel digitale Aufnahmegeräte. Nur ein paar, für alle Studenten langt es dann doch nicht. Von dem Geld bleibt trotzdem was übrig…ääh..Buchhaltung, erste Stunde?

Den bereits mit der Lehre überforderten Lehrstuhlinhabern und Mitarbeitern kann man kaum einen Vorwurf machen, dass sie keine adäquaten Budgetpläne erstellen können.

Wohin nur mit dem Geld?

Was wirklich fehlt ist von globalerer Natur: Plätze, Räume, ganze Gebäude..die sollen ja durch das Konjukturpaket II finanziert werden. Also, wozu nochmal die Studiengebühren?(Für die sich übrigens viele Studenten den Arsch aufreißen, entschuldigung, aber das muss mal so gesagt werden)

Kleiner Vorschlag und das geht jetzt an Herrn Heubisch und die Rektoren der Unis: In jedem Haushalt ist es so, dass zunächst festgelegt wird, was angeschafft werden muss. Wieviele Ausgaben gibt es? Dadurch ergibt sich der Betrag der Einnahmen, der notwendig ist, um die Kosten zu decken.

Offensichtlich werden die fixen Uni-Kosten gedeckt. Es herrscht ein völliger Überschuss. Wie ist das möglich?

Stoppt die Dalli-Dalli-Bildungspolitik

Vielleicht sollte endlich mal diese Dalli-Dalli-Politik aufhören. Rechtschreibreform, G 8, Bologna…alles sollte ganz schnell umgesetzt werden und ist gescheitert. Langsam reicht es.  Jedes Unternehmen würde bei solch einer Strategie den Bach runtergehen. Jeder Leiter eines Kompetenzteams wäre längst rausgeflogen. Ökonomosierung des Studiums? Wenden wir doch mal bei den „Machern“ das kapitalistische Prinzip an.

Es geht hier immerhin um die Bildung, eine von der Kanzlerin so hochangepriesene Ressource.

Anwesenheitslisten abschaffen? – Wir haben andere Probleme

Die Studenten sollten die Aufmerksamkeit nutzen, es ist wirklich toll, dass das erreicht wurde. Aber bitte konzentriert euch doch nicht auf Dinge wie Anwesenheitslisten. Forderungen wie eben deren Abschaffung nehmen der Diskussion ihre Ernsthaftigkeit.

Wichtig ist: Mehr Mitspracherecht in der Hochschulpolitik,  Transparenz der Finanzen und mindestens eine Reduzierung der Studiengebühren sowie deren sinnvolle Verteilung.

Wenn vernünftige Investitionen zur Verbesserung der Bildung erkennbar sind, werden mehr Studenten auch bereit sein, für die Studiengebühren zu arbeiten. 500 Euro pro Semester sind aber definitiv zu viel.  Momentan vernachlässigen viele ihr Studium, um sich dieses überhaupt finanzieren zu können. Das kann nicht der Sinn der Sache sein. Und wenn sie dann noch hören, wieviel von ihrem Geld zurückgegeben wird, ist der Frust mehr als nachvollziehbar.

Was Bologna angeht…mit Reformen von Reformen kennen wir uns in Deutschland ja mittlerweile aus.

Die Studenten wollen notfalls bis Weihnachten protestieren..vielleicht gibt es dann endlich mal wieder für sie ein Geschenk.

Deutschland im Herbst

Wochenrückblick – Gedankenschweif

Schokoladenmauer

Licht der Freude

Weggedrückt

Am Montag erinnerten wir uns an die unglaubliche Kraft, die die Menschen im Osten damals 1989 antrieb. Welche Energien freigesetzt wurden, die die in Beton gegossene Kälte des Kalten Krieges schließlich Stein um Stein aufbrach . Der Weg, der in den Trümmern des 2. Weltkrieges angefangen hatte, wurde in den Trümmern eines Menschen verachtenden sozialistischen Regimes beendet. Deutschland war wiedervereinigt. An diesem Montag waren diese Trümmer ganz leicht, Dominosteine hintereiandergereiht, eher dekorativ vor dem Brandenburger Tor postiert.

Die Bürger der DDR kämpften um ihre  Freiheit, gegen die Unterdrückung durch eine Elite. Der Druck kam von oben, die unten haben sich Luft gemacht und die starren Netze der internationalen Diplomatie und gegenseitigen politischen Einschätzung durchbrochen. Selbst Menschen, die damals nicht direkt dabei waren, spürten die Befreiung, den Hauch der unbegrenzten Möglichkeiten, die unbändige Freude. Im letzten Nuller Jahr wurden wir alle nochmal Zeuge dieser fantastischen Energie. Zeugen mit leicht verschwommenem Blick, da selbst die Härtesten eine klitzekleine Träne in den Augen hatten.

Niedergedrückt

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Lichter der Trauer - Quelle: tagesschau.de

Am Mittwoch ziemlich genau das gleiche Bild. Tausend Kerzen, Menschen, die schwer ihre Fassung bewahren konnten oder es gar nicht erst versuchten.  Selbst Darstellungs-Künstler wie Oliver Bierhoff oder Pocher ließen ihre breitgrinsenden Masken gleich zu Hause. Diesmal wurde die Nation Zeuge davon, dass ein junger erfolgreicher Mensch namens Robert Enke unter dem Druck des Spitzensports zerbrochen ist.

In „Depression“ steckt das lateinische Wort für Druck, „deprimiert“ bedeutet „niedergedrückt“. Robert Enke wurde niedergedrückt. Von den Erwartungen, die man an ihn stellte, vor allem aber wohl von den Erwartungen, die er an sich selbst stellte. Einer der vielen Kommentatoren im Fall Enke berichtete, dass es für den Keeper keinen Unterschied machte, ob er erfuhr, dass er als Nummer 1 im Nationalkader nominiert wurde  oder ob seine Frau ihm sagte, dass er Brötchen holen sollte. Die Gefühle waren  alle gleichwertig.  Wie kann es soweit kommen?

Freude ist die Essenz des Erfolges

Eine indische Weisheit besagt: Freude ist die Essenz des Erfolges. Ohne Lust und Spaß an dem, was man macht, wird man nicht erfolgreich. Aber Enke war erfolgreich..aber ist Erfolg auch gleich Glück? Oder ist Erfolg ohne Freude nur, dass man das Beste aus sich herausholen konnte? Wie eine Maschine? Kann Erfolg nur in Verbindung mit Freude dauerhaft bestehen?

Natürlich kann man den tragischen Tod Robert Enkes nicht als Beispiel par ecxellence für Leistungsdruck nehmen. Denn Depression ist eine Krankheit und hat sie erst die Oberhand über den menschlichen Geist, sind rationale Gedankengänge nicht mehr möglich. Das Gefühl der Niedergeschlagenheit breitet sich in jeder Faser des Körpers aus. Es ist, als würde man in einem Sumpf versinken. Je stärker man strampelt, desto schneller versinkt man. Ohne Hilfe kommt man nicht hinaus.

Dennoch ist Enkes Tod ein Anlass, über Leistungsdruck, Erfolg und den erfolgreichen Menschen an sich zu reden. Die Tatsache, dass Versagensänsgte nicht thematisiert werden können und emotionale Coolness zu einer erwünschten Attitüde in der modernen Gesellschaft gehört, bringt den Verdacht nah, dass Menschen zu einem großen Teil über ihr Äußeres definiert werden. Mit Äußerem ist das gemeint, was in Form eines Dokumentes belegt werden kann. Der Lebenslauf in etwa….Ein erfolgreicher und glücklicher Mensch ist in der gesellschaftlichen Vorstellung einer, der mit Zeugnissen und anderen Papieren belegen kann, warum er erfolgreich und glücklich ist. Ganz schnell, möglichst jung, viel erreicht haben…

Reingedrückt

Und wer sich jetzt fragt, was zur Hölle eigentlich, mal von dem Aktualitätskriterium in der vergangenen Woche abgesehen, die beiden Ereignisse miteinander zu tun haben, der erhält als Antwort ein weiteres Ereignis der vergangenen Woche:

Studenten besetzen die Hörsäle, sie kämpfen gegen die Ökonomisierung des Studiums und für die Bildungsfreiheit. „Deutschland im Herbst“  in der Version 2009. Es wird aufbegehrt, wenn auch bis jetzt und hoffentlich auch weiterhin nicht gewaltätig. Es sei denn, man möchte die Mambo-Weltrekordsversuche der Wiener-Studenten als Körperverletzung oder Nötigung im weitesten Sinne bezeichnen.

Die Studierenden wehren sich unter anderem gegen die Bachelor/Master-Ordnung.  Die sehr jungen Abiturienten werden in die Bachelor-Fabrik reingedrückt. Auf dem Produktionsband werden ihnen einheitliche Bildungspakete a la Gymnasial-Lehrplan zugeworfen – friss oder stirb- und am Ende kommen alle immer noch jung und gleich heraus. Hauptsache aber immer noch jung…

Studiengänge werden in wichtig und unwichtig für die Wirtschaft gegliedert, relevant oder nicht relevant für die Gesellschaft. Elite erwünscht, der Rest zahlt wenigstens. Studenten gehören entweder zu Leistungsträgern oder zu Schmarotzern…

Außerdem fordern die Fachschaften seit geraumer Zeit (mehr) Mitsprachrecht in der Hochschulpolitik.

D E M O K R A T I S I E R U N G 2K.

Zugegeben sehr zugespitzt formuliert, wird in der Bildung etwas gemacht, was zum 20-jährigen Jubiläum des 9.November 1989 von allen Politikern als untragbar und unbedingt nie mehr zulassbar deklariert wurde: die Entmündigung des Volkes.

Sichtbare Grenzen gibt es europaweit kaum mehr. Es ist Zeit, auch die unsichtbaren zu durchbrechen. Wir sind das Volk!

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Quelle: Tagesschau.de

Am 17.November wird wieder gestreikt.



Who stopped the train?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inspiriert von SZ, 3.11.09, S.1 und S.4: Bahn bietet Öko-Tickets an

Ticker: +++Gegen Aufpreis bekommt man eine Bahnfahrt mit regenerativer Energie+++Das Angebot der Öko-Tickets  richtet sich vor allem an Geschäftsleute+++

Auf die Bahn zu schimpfen ist so ein bißchen wie über schlechtes Wetter zu meckern. Man wird mit Sicherheit Zustimmung bekommen, gleichzeitig vernimmt man aber eine offensichtliche Resignation bei seinem Gegenüber. Was soll man denn machen?

So ganz stimmt dieses Bild aber dann doch nicht. Who’ll stop the rain…Niemand.

Aber man kann sehr wohl eben nicht Bahn fahren. Selbst der umweltbewussteste Pendler wird bei Verspätungswahrscheinlichkeiten von bis zu 100 Prozent im Regionalverkehr und völlig überfüllten Zügen bei beliebten Verbindungen gerne auf sein Auto umsteigen.

Rückwärts aus dem Zug gefallen

Das Mädchen, das neulich Freitag nachmittags in den total überfüllten RE von Nürnberg nach München wollte und rückwärts aus der Tür auf den Bahnsteig gefallen ist, wird beim nächsten Mal sogar lieber im Stau auf der A9 stehen. Das Pärchen, das schon knapp dran war, aufgrund der Verspätung des vorherigen Zuges von Bamberg nach Nürnberg, das einfach nicht mehr in den Zug kam, wird sich beim nächsten Mal eine andere Alternative überlegen. Mitfahrzentrale etwa…

Vor allem weil sie dann im Reisezenter nicht mal ihr Bayernticket aufwerten konnten, um dann mit dem ICE wenigstens noch einigermaßen pünktlich in München anzukommen. Sie hatten nur die Möglichkeit, zwei Stunden auf den nächsten Nahverkehrs-Zug zu warten oder den vollen ICE-Preis zu bezahlen. Insgesamt wären das dann 120 Euro, plus Bayernticket, das wertlos würde, also 140 Euro für zwei Personen und über 4,5 Stunden Bamberg-München.

Feststehende Termine und Regionalverkehr passen überhaupt nicht zusammen. Der Regionalverkehr bei der Bahn ist kein zuverlässiges und vor allem kein flexibles Transportmittel. Der Kauf von Ländertickets für die Regionalbahnen gleicht einem Loskauf…werde ich pünktlich da sein? Bekomme ich meine Anschlüsse?

Die ICEs dagegen: toll. Komfortabel, meistens  zuverlässig und ein wirklich angenehmes Reisen. Ein wirklich guter Schritt sind durchaus auch die 29-Euro-Tickets. Aber eben nur für längerfristige Planung. Und diese Reisen gehören eher weniger zum alltäglichen Verkehr.

Immer überfüllt – nie aufgestockt

Hat Pro-Bahn und Co. nicht mal versucht gerade die Pendler auf die Bahn umzusatteln? Das wäre auch wirklich öko…die Menschen, die sich tagtäglich auf den Autobahnen befinden, gebündelt in die Züge verfrachten. Wie aber soll das funktionieren, wenn man sich auf nix verlassen kann. Vor allem, wenn wirklich gute Regionalverbindungen wie etwa die von Nürnberg nach München Freitag Nachmittag nicht Waggon-technisch aufgestockt werden, obwohl sie immer überfüllt sind?

Ganz ehrlich: Umweltbewusstsein ja, aber sich das nach einer langen Woche, möglicherweise noch getrennt von der Familie, anzutun, nein. Niemand möchte das Wochenende mit einer Fahrt beginnen, die vom Platzkomfort her an eine zweistündige U-Bahnfahrt vom Münchner Olympiapark Richtung City nach einem Bayern-Spiel erinnert. Nur ohne Hüpfen…

Und wenn man einen Bahn-Mitarbeiter am Gleis fragt, kommt die Antwort: „Der Zug ist die ganze Woche leer, nur freitags platzt er aus allen Nähten“.  Eine Argumentation à la „Verspätung wegen Streckenauslastung“. Ist es denn logistisch tatsächlich nicht möglich an einem Tag in der Woche einen Waggon dranzuhängen?Kaum vorstellbar bei einem Logistik-Unternehmen, das sogar die Stromquelle „switchen kann“…zumindest was den Betrag angeht.

Und weil es die ganze Zeit im Raum stand: Ja, auch Autofahren ist nicht berechenbar, die Rush-Hour bietet ähnliches Stresspotenzial wie der nun oft zitierte RE Nürnberg-München am Freitag-Nachmittag.

Spielende Kinder auf dem Gleis

Aber da sind wir wieder bei dem Bild am Anfang: Denn sitzt man mal im Zug, ist es wie mit dem Regen. Irgendwo zwischen Nürnberg und Treuchtlingen ist man den Gewalten der Schiene ausgeliefert. Zugüberholungen, Personenschäden, spielende Kinder auf dem Gleis (tatsächlich durchgesagt worden) und technische Schäden..who stopped the train?  Und der Zeiger auf der Uhr schreitet voran und voran…Handy-Akkus verabschieden sich in solchen Situationen sowieso grundsätzlich.

In meinem kleinen Auto, so wird der geneigte Pendler denken, gibt es immer noch ein Navi, Staunachrichten, etc. Und die Strecke kenn ich sowieso wie meine Westentasche. Und wenn alles nicht funktioniert, so habe ich wenigstens eins: einen Sitzplatz!





Nicht-wählen wählen

Inspiriert durch Artikel in SZ und „Menschen bei Maischberger“ gestern

Ticker: Aufruf zum Nichtwählen als Protest gegen Wahlkampf-Politik

In einer Demokratie haben die Menschen zwei Möglichkeiten zur politischen Partizipation. Die indirekte ist die öffentliche Diskussion beziehungsweise Meinung, in der Regel durch die Medien transportiert, die direkte ist die Wahlfreiheit. Am 27. September hat jeder von uns die Möglichkeit, seine eigene Meinung zu vertreten. Und das ist nicht nur eine Möglichkeit, sondern auch die Pflicht der Bürger in einem demokratischen Staat. Wer diese Pflicht nicht erfüllt, kann sich nicht darüber beschweren, dass die Politiker ihren Pflichten nicht nachkommen.

Hitler ist nicht durch eine zu hohe Wahlbeteiligung an die Macht gekommen

Zum Hauptargument der Nicht-Wähler-Bewegung gehört, dass eine niedrige Wahlbeteiligung noch keinem Staat geschadet hat, allerdings eine zu hohe wie damals bei der NSDAP. Das ist so aber nicht richtig. Hitler konnte die Macht übernehmen und eine Dikatatur errichten, weil das gesetzliche Fundament noch Lücken hatte. Notstandsgesetzgebung ist das STichwort. Heute hätte eine zu hohe Wahlbeteiligung keine derartigen Konsequenzen. Durch das Mehrheitswahlrecht hätte dann zwar eine Partei enorme gestalterische Freiheiten, aber die müssten zumindest insofern der Bevölkerungsmeinung entsprechen, dass die Partei nach vier Jahren wiedergewählt würde. Das ist Demokratie und die sollte gepflegt werden.

Ein anderes Argument ist, dass Wählen wie Lottospielen geworden ist. Man macht sein Kreuz, weiß aber nicht was man bekommt, geschweige denn, ob es ein Gewinn wird. Zugegeben, Wahlversprechen-Brechen ist nicht erst seit Ypsilanti in Hessen ein Problem und auch nicht zu entschuldigen. Die Parteien dürfen das Vertrauen ihrer Wähler nicht mißbrauchen. Aber sollte nicht gerade dann die Wahl ein  Mittel zur Abstrafung sein? Das Signal des Volkes: so nicht! Eine andere Partei wählen macht das deutlicher als nicht zu wählen.

Es muss ein Konsens gefunden werden – das ist Demokratie

Und ja, natürlich werden Wahlversprechen nicht nur gebrochen, sondern auch nicht eingehalten. Wenn man zur Wahl geht, entscheidet man sich für ein Parteiprogramm, das seinen Interessen entspricht und erwartet somit, dass diese auch umgesetzt werden. So sieht das auch derjenige, der vor einem in der Wahlkabine war und die gegnerische Partei gewählt hat. Beide Interessen müssen in einer Demokratie berücksichtigt werden und das geht nur über den Konsens. Das der nicht immer die Wünsche jedes Einzelnen komplett erfüllen kann, dürfte auch klar sein. Wichtig ist aber, dass überhaupt die Interessen des Volkes ersichtlich werden. Nur so kann annähernd eine repräsentative ENtscheidung getroffen werden.

Was wäre denn, wenn die Interessen der extremen Rechten überwiegen, ohne Gegengewicht? Oder einer anderen extremen Partei? Genau das kann passieren, wenn die Wahlbeteiligung zu niedrig ist. Denn es ist davon auszugehen, dass die Anhänger von extremen Parteien ihr Wahlrecht beanpsruchen, um ihre extremen Positionen durchzusetzen. Übrigens: vor allem dann, wenn sie mitkriegen, dass es einen großen Anteil Nicht-Wähler geben könnte.

In dieser Diskussion überhaupt liegt eine große Gefahr. Denn die reflektierten und bewussten Nicht-Wähler sind die eine Sache, aber was ist mit den viel zitierten „faulen“ Wählern, denen das nur eine willkommene Entschuldigung und Rechtfertigung ist, am kommenden Sonntag lieber was Schönes zu unternehmen? Sind ja schließlich nicht die einzigen und Sinn hat diese Wahl ja sowieso keinen, was man so hört.

Die Pflicht zur Wahl zu gehen sollte nicht in Frage gestellt werden, auch wenn die Politik es einem manchmal schwer macht, an die Partizipation zu glauben. Das Wichtigste ist, dass es überhaupt die Möglichkeit gibt zu wählen. Denn auch wenn die Mühlen der Demokratie manchmal langsam laufen und politische Entscheidungen scheinbar unendlich herauszögern, ist diese Form immer noch die einzig Wahre. Das sollten wir ,gerade wenn wir 60 Jahre zurückdenken, auf keinen Fall vergessen.

Zivilcourage für Anfänger

Anlässlich des Artikels „Unter diesem Himmel“, SZ, S.3, Freitag, 18.September, sechs Tage nach dem Mord von Solln

Der Abschnitt über die Zivilcourage ist irgendwie zu kurz gekommen. Man kann es nicht oft genug sagen.

Bevor der Kurs beginnt: Stellt euch vor, dass wäre euer Vater/Sohn/Onkel/Nachbar/Freund/Verwandter gewesen, der da letzten Samstag am Boden auf dem Bahnsteig in Solln lag und an seinen inneren Verletzungen gestorben ist.War er ja nicht? Was wenn er es das nächste Mal ist? Wie sollten sich die „Zeugen“ verhalten?

1. „Ich kenn den doch gar nicht“

Nach einer Theorie kennt man jeden Menschen in dieser Welt über maximal sieben Ecken. Es gibt keinen Menschen, vor allem kein Menschenleben, das uns nichts angeht.

Wegschauen? Auf der Autobahn glotzt ihr doch auch so gerne, wenn ein Unfall passiert ist. Oder wo kommen sonst die Staus auf der Gegenfahrbahn her? Interessiert es euch da, ob ihr das Opfer kennt?

Im Internet könnt ihr gar nicht genug Menschen eure Freunde nennen, selbst wenn ihr nicht mal ihren richtigen Namen kennt. Ihr chattet stundenlang mit jemandem, der eine völlig andere Person sein könnte, und in der Realität könnt ihr euch einreden: Der geht mich nix an!

2. Was kann ich allein schon ausrichten?Das hat man ja bei Dominik Brunner gesehen!

Zunächst einmal ist der Mut zu würdigen, den Dominik Brunner an den Tag gelegt hat. Und jedem, der diesen Vorfall als Entschuldigung für sein eigenes Nix-Tun benutzt, ist zu wünschen, dass ihm das nie selbst passiert. Und wenn doch: dass dann viele Menschen anwesend sind, die sich das Verhalten von Dominik Brunner zum Vorbild nehmen und IRGENDETWAS tun.

Denn genau darum geht es doch: IRGENDETWAS tun. Es gab um die 15 Augenzeugen. Was war mit denen los?

Es ist davon auszugehen, dass allein vier Personen genügt hätten, um zwei Jugendliche zurückzuhalten.Zur Not hätte aus der Entfernung schreien geholfen. So blöd das klingt: Act Crazy! Unerwartetes Verhalten kann Täter irritieren: Am leichtesten ist nunmal lautes Schreien!

Man sollte die Menschen um einen herum ansprechen und mit diesen gemeinsam den Jugendlichen mitteilen, dass die Polizei verständigt ist und gleich vor Ort sein wird. Das kann man auch aus einiger Entfernung tun. Aber wer weiß: Vielleicht wäre genau die kurze Zeit Ablenkung nötig gewesen, um den tödlichen Tritt zu verhindern. Ein geschlossenes Auftreten wirkt abschreckend.

Außerdem bleibt da immer noch: Handy raus, Polizei und Krankenwagen anrufen! Das ist das Mindeste!

3. Die Notrufsäule war kaputt. Ich habe kein Handy.

Fragen!

Kann jemand die Polizei rufen? Hat jemand schon die Polizei gerufen?

Wenn man öfters in der S-Bahn fährt, kommt einem diese Ausrede am lächerlichsten vor.

Denn das ist doch schon der KLassiker: Klingelton hier, Jamba dort, Dinge,die man von seinem Sitznachbarn nie erfahren wollte…

4. Ich habe ja gar nicht gesehen, was da vorgeht!

Ein Mann liegt am Boden und andere treten auf ihn ein. Muss man dazu wirklich mehr sagen?

Und sollte die Situation unklar sein, gilt wieder: aus der Entfernung kann man das vermeintliche Opfer mal rufen: Ist alles okay bei Ihnen? Die Reaktion müsste schon einiges zeigen. Weitere Alternative: weitergehen und dann aus größerer Distanz die Situation beobachten. Sobald es zu Gewalt kommt, die in 2 aufgeführten Schritte anwenden:Polizei und Krankenwagen rufen, Leute um sich herum ansprechen und gesammelt näher an den Ort des Geschehens gehen und versuchen in Kontakt zu treten.

5. Da waren andere viel näher dran als ich!

Und, tun die was? Oder gucken die weg?

Hingehen! Reden! Aufrütteln!

Oft reicht es, wenn einer den ersten Schritt macht! Das ist dann wie ein Schneeballsystem!

6. Ich wollte nix Falsches machen!

In diesem konkreten Fall von Solln: Was genau hätte man tun können, das den Ausgang noch verschlimmert hätte? Das Opfer ist tot. Unter der Voraussetzung, das man sich nicht selbst in Gefahr begibt, was hätte man falsch machen können?

7. Welche andere Ausrede auch immer

Es ist davon auszugehen, dass die Menschen, die dort am letzten Samstag in Solln waren, ihr ganzes Leben daran erinnert werden, dass sie einen Menschen mit auf dem Gewissen haben.Wer sich sicher sein kann, alles Nötige versucht zu haben, wird mit so einem Erlebnis normal weiter leben können. Außerdem: Beim nächsten Mal könnte man es selbst sein!

Wer nichts tut, wird Mittäter! Das sollte einem bewusst sein.

Dominik Brunner hat alles richtig gemacht. Nur ist er vermutlich davon ausgegangen, dass mehrere Menschen auf dieser Welt so couragiert sind wie er und hat sich deswegen sicher gefühlt, nicht allein, am hellichten Tag. .

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Lästern ist angesagt

Inspiriert von der visuellen  Hassliste auf sueddeutsche.de, Bilder auch davon geklaut;-)

Ticker: Bilder reichen nicht – LÄSTERN ist angesagt

Es ist doch irgendwie immer das Gleiche.

Ein neuer Trend!Waaaa…alle rennen los und essen es, trinken es,ziehen es an, gucken es, sprechen über es…in der Regel aber auf jeden Fall immer:

KAUFEN ES!

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Du noch nicht?

Es ist ja soo toll…innovativ ..cool..sinnlos, aber soooo süss….bequem…

praktisch…whatever

Und ganz toll ist es, wenn es die anderen noch nicht kennen. Wenn sich der hinter mir in der Schlange fragt:

Was zur Hölle wird da bestellt?

D s ch ei-Latte-to-go???? Ei, Latte, Igitt!

Um dann kurz darauf zu erkennen , wie furchtbar er doch dem Trend hinterherhinkt, da der hinter ihm auch eine

Dschei-Latte-to-go-spicy-flavored bestellt!

Da hilft nur:

Nerd-Brille auf und: Das muss ich mal Googeln. Muss furchtbar 2001 sein, wenn ich das nicht kenne.

Aber wieso wollen wir es alle, um dann zu sagen, dass wir es furchtbar finden?

Oder besitzen wir es gar nicht und sind nur die Trend 2.0-Gruppe, 2.0 wird auch absolut überstrapaziert,  die dann unheimlich cool ist, weil sie diese Crocs niemals angezogen hätte?

Ich bitte dich. Noch ein Eimer und ne Harke in die Hand und ich kann mich als Gartenzwerg in den Vorgarten meines Nachbarn stellen, tssss…Crocs.

Krokodil nur als Handtasche…Hahahahahaa. Seit wann ist praktisch en vogue? Ist ja wohl eher en Sofa!

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Das würde bedeuten, es gibt eine Gruppe, die sogenannte Werbezielgruppe, die eifrig konsumiert, um dann irgendwann blöd dazustehen mit ihren Crocs, der Nerd-Brille und einer Chai-Latte-to-go in der Hand.

Und die andere Gruppe, die vermutlich mehr Wert auf gute Bücher legt oder so, die dann irgendwann behaupten kann, sie wäre retro und somit wieder furchtbar „in“.

Dazwischen sind auch noch die, die erstmal alles blöd finden, sich dann aber doch fügen. Sozusagen die Trend-Schläfer. Die kaufen sich die Sachen dann wenn sie billiger sind, nur um dann zu sagen:

Nee, den normalen Preis hätte ich dafür natürlich nicht gezahlt.

Vielleicht doch mehr die Trend-Weicheier.

Aber keine Hassliste ohne Hass. Da wären wir bei Ed Hardy.  Ed Hardy kills my Augenlicht, wie es in der Studi-VZ-Gruppe heißt. Neeeiin, das ist kein Neid, weil ich mir diese geschmackvollen 200-Euro-Shirts und Käppis nicht leisten kann. Wenn ich 200-Euro übrig hätte, würde ich mir lieber ein Lukas-Podolski-Konterfei auf den Rücken tätowieren lassen, als diese unglaublich hässlichen Motive so nah an meinem Körper zu tragen!

Außerdem erinnert mich dieser Name immer an Eis. Ed von Schleck…und da sind wir doch auch schon wieder bei einer

der Haupts300Getty-Ed-Hardy-1251722703upporterinnen von Christian Audigier…da Paris Hilton…sucks…

Ich frage mich schon lange, ob die völlige Überlagerung von schrillen Motiven auf kreischenden Mustern auf das Denkvermögen Einfluss hat. Ich meine, bis ich die gesamte Geschmacklosigkeit mit meinem Sehnerv erfasst und es dann an mein zentrales Nervensystem weitergegeben hab…natürlich hat mein Hirn da keinerlei Kapazitäten mehr frei. Ed Hardy hat das erkannt und versucht nun verzweifelt so schnell wie möglich wirklich jedem erdenklichenen  Gegenstand sein Dessin zu verpassen, damit er endlich wieder mit der Menschheit auf einer Wellenlänge ist.

G o o o oo od Mo o o Go o od Mooo orn…Go o od Mo ornin`! My ..my nam..my name is Ed!

Ni ..nice.. to ..to m e e ..to meet..yo ..yo..you, Ed!

Aber ist Neid vielleicht das Stichwort? Teilen Trends nicht auch immer die Menschen in die, die es tragen können…LEGGINGS…und die, die es nicht tragen oder vielleicht auch nicht finanzieren können? Und Leggings kann nicht jeder tragen..vielleicht in der Einkaufstasche mit sich rum…aber nicht als Beingewand..in manchen Fällen dann auch Beingewinde. Vielleicht schürt das den Hass.

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Umso schöner wenn er dann endlich raus kann. Lästern wird wohl nie aus der Mode kommen, solange die Mode so wichtig ist.

Übrigens ich füge noch etwas hinzu, was ich nicht mehr sehen kann:

Dünne schwarze Krawatten, die sagen sollen: Mann bin ich nonkonform, jugendlich und kreativ!